Periphere Parästhesien durch Mutation im SCN10A Gen

Die Neuronen der dorsalen Hinterwurzelganglien sind ein wichtiges Element des somatosensorischen Systems. Sie registrieren unterschiedlichste Signale wie Temperatur, Berührung oder Schmerzreize, übersetzen sie in Aktionspotentiale und leiten die Information entlang afferenter Bahnen in das zentrale Nervensystem. Der spannungsgesteuerte Natriumkanal NaV1.8 ist entscheidend für die elektrische Signalgebung sensorischer Neurone. Es wurden bereits mehrere Mutationen im NaV1.8-kodierenden Gen SCN10A mit neuropathischen Schmerzen und Juckreiz in Verbindung gebracht, die vor allem die Körperperipherie betreffen.

Forscher am „Center of Brain, Behavior and Metabolism“ (CBBM) der Universität zu Lübeck konnten nun gemeinsam mit Kollegen am Uniklinikum Aachen eine Mutation (p.V1287I) im SCN10A-Gen identifizieren, die eine Temperaturregulationsstörung der Hände und Füße hervorruft. Mittels Patch-Clamp-Elektrophysiologie zeigten die Forscher, dass die Mutation den NaV1.8-Kanälen sowohl gain-of-function- als auch loss-of-function-Eigenschaften verleiht, die in ihrer Gesamtheit eine Hyperaktivität sensorischer Neurone bewirken. Sie schlussfolgern, dass nicht-schmerzhafte periphere Parästhesien Teil des klinischen Spektrums NaV1.8-assoziierter Störungen sind.

Die Studie wurde von der DFG (LE-2338-2) gefördert.

Ansprechpartner: Prof. Dr. Enrico Leipold, CBBM & Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Ratzeburger Allee 160, 23562 Lübeck, Tel.: +49 3101 8610, enrico.leipold(at)uni-luebeck.de

 

Referenz:

Loose S, Lischka A, Kuehs S, Nau C, Heinemann SH, Kurth I, Leipold E. Peripheral temperature dysregulation associated with functionally altered NaV1.8 channels. Pflugers Arch. 2023 Sep 11. doi: 10.1007/s00424-023-02856-2. Epub ahead of print. PMID: 37695396.

 


Herzdefekt bei seltener genetischer Erkrankung entschlüsselt

Es ist schon lange bekannt, dass hohe Spiegel an Schilddrüsenhormone zu einer erhöhten Herzrate führen. Patienten mit einer Mutation des Schilddrüsenhormonrezeptors sind jedoch überraschenderweise resistent gegen diese hormonalen Effekte. Forscher des Instituts für Endokrinologie und Diabetes am „Center of Brain, Behavior and Metabolism“ (CBBM) der Universität haben jetzt den zugrundeliegenden Mechanismus im Mausmodell entschlüsselt.

„Von unseren Kollegen aus Cambridge haben wir erfahren, dass Patienten mit einer Mutation im Schilddrüsenhormonrezeptor alpha, die routinemässig mit hohen Dosen an Schilddrüsenhormon therapiert werden, keine Erhöhung der Herzrate zeigen“, erklärt Prof. Jens Mittag, Leiter der nun im renommierten Journal „Nature Communications“ publizierten Studie. „Diesen Effekt konnten wir in unserem Mausmodell nachstellen und dann genau untersuchen. Dabei hat sich herausgestellt, dass die Herzen aufgrund der Mutation schon in der embryonalen Entwicklung einen Defekt ausbilden, so dass viele wichtige Ionenkanäle nicht länger durch Schilddrüsenhormone beeinflusst werden.“

„Besonders interessant ist, dass die Regulation zweier Schrittmacherkanäle weiterhin in den Mäusen funktioniert. Daraus können wir schließen, dass diese beiden Kanäle nicht für die erhöhte Herzrate verantwortlich sind“, ergänzt Dr. Riccardo Dore, Erstautor der Studie. „In den aktuellen Lehrbüchern wird der Effekt der Schilddrüsenhormone auf die Herzrate genau diesen Kanälen zugeschrieben. Das muss nun geändert werden.“

Die Studie ist Teil des DFG geförderten Transregio Sonderforschungsbereichs TRR296 „Local Control of Thyroid Hormone Action (LocoTact)“, der seit 2020 an den Universitäten Lübeck, Duisburg Essen und Charité Berlin durchgeführt wird.

Ansprechpartner: Prof. Dr. Jens Mittag, CBBM, Institut für Endokrinologie & Diabetes, AG Molekulare Endokrinologie, Jens.Mittag(at)uni-luebeck.de, +49 451 3101 7826, Webseite: https://www.endodiab.uni-luebeck.de 

Publikation: https://www.nature.com/articles/s41467-023-38960-1